380 Menschen besuchen Gottesdienst zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in der reformierten Bunder KircheDer Schlusssatz der Predigt von Pastorin Jana Metelerkamp brachte es gestern auf den Punkt: »
Schweigt nicht, redet. Um Gottes Willen. Amen.« Der Gottesdienst zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, den die Holthuser Pastorin zusammen mit den anderen Mitgliedern des ökumenischen »Arbeitskreises 27. Januar« organisiert hatte, fand mit rund 380 Besuchern sehr viel Zuspruch.
Dabei teilten sich die Arbeitskreis-Mitglieder die Redebeiträge untereinander auf. »Millionen Menschen wurden entrechtet, gequält und ermordet«, so Katrin Meinders. Ihr Appell: »Die Erinnerung darf nicht enden und muss auch künftige Generationen mitnehmen.« Es gehe darum, dieser Erinnerung standzuhalten und die Kraft zu finden, für eine gemeinsame Zukunft zu arbeiten.«
Karin Mittwollen betonte: »Es ist nicht leicht, sich diesem Versagen der Menschheit zu stellen.« Ihr Appell: »Die Erinnerung an das zutiefst Unmenschliche muss wachgehalten werden.« Sie ergänzte: »Auch heute werden wieder Menschen an den Rand gedrängt, klein gemacht und diskriminiert.«
Auf dem Altartisch aufgereiht standen neun Kerzen, die nach und nach von den Arbeitskreis-Mitgliedern entzündet wurden, um ein leuchtendes Zeichen des Gedenkens für die vielen verschiedenen Opfergruppen zu setzen.
Am Schicksal der Familie Hartogsohn, die zunächst in Bunde und dann im niederländischen Winschoten lebte, wurde das Grauen von Verfolgung und Vernichtung gestern noch einmal deutlich. Julius Hartogsohn, er kam aus Emden, und seine aus Weener stammende Frau Veronika zogen 1917 nach Bunde, das Ehepaar hatte drei Söhne. Auch die verwitwete Mutter von Veronika Hartogsohn lebte im Haushalt. Von den Behörden wurde die Familie drangsaliert, sie galt als »politisch nicht einwandfrei«. Beruflich wurden Julius Hartogsohn immer wieder Steine in den Weg gelegt. Anfang 1937 siedelte die Familie in die Niederlande um, hier gelang es Vater Julius auch, beruflich wieder Fuß zu fassen. Er betrieb einen Handel mit Lumpen, Altmetallen und Fellen. Nach der deutschen Besetzung der Niederlande wurde die Familie im Herbst 1942 innerhalb weniger Wochen ausgelöscht, ihre Mitglieder wurden im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Unklar ist das Schicksal eines Sohnes, er wurde für tot erklärt.
Jana Metelerkamp erinnerte in ihrer Predigt an Menschen, die Widerstand leisteten gegen das NS-Regime. »Schreckliche, heute immer noch unfassbare Verbrechen wurden begangen. Es gab dennoch Menschen, die nicht schwiegen und ihre Stimme erhoben gegen das Unrecht, das sie umgab.« Es sei wichtig, nicht zu schweigen. »Wir vom Arbeitskreis 27. Januar und Sie als Zuhörer wären nicht hier, wenn wir bereits resigniert hätten. Es sind bedrohliche Entwicklungen, die sich gerade abzeichnen. In allen Zeiten braucht es Menschen, die sich bekennen und nicht schweigen. Wer leben will, braucht immer Hoffnung gegen den Zweifel. Man muss einstehen für das, was man für richtig hält. Wir müssen uns dagegen stellen und dürfen nicht einknicken. Zum Glück gehen viele Menschen gerade auf die Straße, sie erheben ihre Stimme und stehen auf.«
Quelle: https://rheiderland.de